Aktuelles

Kein Netzausbau und Kabelverlegungen ohne Akzeptanz der Grundeigentümer

Zur Zeit hat der Grundeigentümer hinzunehmen, dass Stromleitungen durch seine Grundstücke verlegt werden. Das sollte auch grundsätzlich so bleiben.

Allerdings sollte mehr Rücksicht auf die Interessen der Grundeigentümer genommen werden.

Worum genau geht es: z.B. für eine Mittelspannungsleitung ist mindestens eine Überdeckung von 1 m Erdreich vorgesehen und ein sog. Schutzstreifen von 2 m, von der Leitungsachse also 1 m nach jeder Seite. In diesem Bereich darf dann keine Überbauung erfolgen. Und der Grundeigentümer hat nach Ansicht der Stromversorger sogar dafür zu sorgen, dass die Leitung nicht durch Wurzelwerk beschädigt wird; er hat also selbst gesäte Bäume zu entfernen etc., siehe Niederspannungsanschlussverordnung NAV § 8. Und das auf alle Zeiten!

Dabei wird seitens der Stromversorger, zumindest der Westfalen Weser Netz GmbH, offenbar nicht unterscheiden, ob der Grundeigentümer Anschlussnehmer ist oder nicht.

Altleitungen werden einfach in der Erde belassen und der Eigentümer bekommt nicht einmal Auskunft, welche Materialien da in seinem Boden verbleiben. § 1004 BGB wird dabei durch § 275 Abs. 2 BGB begrenzt, siehe dazu Urteil des OLG Celle vom 15.7.2004, 4 U 55/04. Auch eine Löschung der Grundlast für die Altleitung wird durch den Stromversorger entgegen der Rechtslage verweigert.

Als einmalige Entschädigung erhält der Grundeigentümer entsprechend den Richtlinien und Sätzen der Landwirtschaftskammer NRW einmalig 2,50 € / lfd. Meter Stromleitung.

Das ist lächerlich gering!

Bei dem im Zuge der Energiewende notwendigen Netzausbau und allgemein der anstehenden Stromkabelverlegungen ist m.E. in Zukunft aber auch bezüglich bereits vorgenommener Eingriffe verstärkt auf die Interessen der Grundeigentümer Rücksicht zu nehmen.

Das gilt nicht nur für Hochspannungsleitungen sondern allgemein für alle Stromleitungen.

Die Grundeigentümer sollten angemessen und fair an der mit den neuen Leitungen verbundenen Wertschöpfung beteiligt werden.

Dabei sollte solch ein Interessenausgleich nicht abschätzig als „Bauernmaut“ abgetan werden; die zur Zeit gezahlten sog. „Abgeltungen“ sind lächerlich gering. Hier privilegieren sich der Staat und seine Energieversorger wieder einmal selbst. Die Wertschöpfung aus der Nutzung der Grundeigentums Dritter ist diesen Dritten auch als Ausgleich zuzuführen. Alles andere ist Enteignung.

Es ist also eine Neujustierung der Vergütungspraxis erforderlich.

Ein Beispiel aus einem Schreiben des neu gegründeten Interessenverbandes Suedlink, des Vorsitzenden Dipl.Ing.agr. Hans-Werner Behrens:

Der Wirtschaftsrat der CDU Niedersachsen, Hintergrund ist die geplante Nord-Süd Trasse, führt auf der Grundlage eines im Auftrag der Energie- und Wasserwirtschaftsverbände BDEW und VBEW erstellten Gutachtens „unnötige und unverhältnismäßige“ Mehrbelastungen in der Größenordnung von 7 Mrd. € an, wenn entsprechende Nutzungsvergütungen gezahlt würden. Der Betrag von 7 Mrd. € errechnet sich, indem zusätzliche Kosten von jährlich 175 Mio € mit dem Faktor 40 kapitalisiert werden. Das ist nicht seriös. Man geht von 4.000 km im Rahmen der Energiewende neu zu bauenden Höchstspannungsleitungen aus. Der DBV fordert als Nutzungsvergütung 10,- € pro lfd. m Trasse. Damit ergeben sich Kosten von 40 Mio. € im Jahr. Wenn man den Betrag mit dem Faktor (von höchstens) 25 kapitalisiert, kommt man auf 1 Mrd. €. Natürlich ist das auch viel Geld, aber doch nur ein Bruchteil von 7 Mrd.

Die bayerische CSU hat sich am 4. April 2017 deutlich für entsprechende Vergütungen bzw. Akzeptanzzahlungen ausgesprochen und auch die niedersächsische CDU hat in der gerade abgelaufenen Legislaturperiode mehrfach einen Anlauf unternommen, sich für entsprechende Vergütungen stark zu machen, ist allerdings regelmäßig an der rot-grünen Landesregierung gescheitert.

Ohne das Land der Bauern bzw. der Grundeigentümer (es sind nicht alle Bauern) gäbe es in Deutschland keine Energiewende! Auf ihrem Grund und Boden stehen die Windräder und die Biogasanlagen, auf ihren Äckern wächst der Mais für die Biogasanlagen und auf ihren Wirtschaftsgebäuden sind Photovoltaikanlagen installiert. Und jetzt sollen auf ihrem Grund und Boden neue Stromleitungen und Höchstspannungsleitungen gebaut werden, ohne die die Energiewende in Deutschland nicht funktioniert. Das geht nur, wenn auch die Vergütungen angepasst werden!

Ich möchte klarstellen – ich bin selbst mit ein paar kleinen Wiesen betroffen -, dass sich die Grundbesitzer nicht nach neuen Leitungen drängen.

Wenn hier nicht eingelenkt wird, werden sich zu Recht die Grundeigentümer querstellen. Art. 14 GG sichert ihr Eigentum. Eine Enteignung ist gem. Art. 14 Abs. 3 nur zum Wohle der Allgemeinheit möglich. Ob entsprechende Grundstücke überhaupt für die renditeorientierten Interessen der Netzbetreiber enteignet werden können bzw. ob dort die Eintragung einer entsprechenden Grunddienstbarkeit erzwungen werden kann, ist höchst zweifelhaft und unter Juristen derzeit sehr umstritten. Vielleicht sollte man es soweit erst gar nicht kommen lassen.

Ich halte also den Zeitpunkt jetzt für geeignet, dass entsprechende Vergütungen für alte und für neue sowie bestehende kapazitätsmäßig aufzustockende Stromleitungen und Höchstspannungsleitungen in Anlehnung an den Vorschlag des DBV mit pauschal mindestens 10,- € pro lfd. m Trasse gezahlt werden. Der Ansatz liegt bei einem Viertel dessen, was Kommunen in Gestalt von Konzessionsabgaben gezahlt wird. Für alte Höchstspannungsleitungen gilt altes Recht und das soll auch grundsätzlich nicht angetastet werden. Bezogen auf rund 80 Mio. € Einwohner in Deutschland liegt der oben mit jährlich 40 Mio. € hergeleitete Betrag bei jährlich 50 Cent pro Einwohner bzw. bei 1,- € pro Haushalt. Im Vergleich zu den 60,- € pro Haushalt, die die Kommunen aktuell (2017) an Konzessionsabgaben für im öffentlichen Raum verlegte Stromleitungen erhalten, ist der für neue Leitungen auf nichtkommunalen Flächen angestrebte Ansatz vergleichsweise moderat. Und weil die Konzessionsabgaben an die Kommunen bereits seit Jahren gezahlt werden, sehe ich solche an nichtkommunale Grundbesitzer als verfassungskonform an. Es muss gleiches Recht für alle gelten und das entsprechende Gesetz also ergänzt werden.

Ich halte es im Rahmen eines fairen Interessenausgleichs für geboten, jährliche Nutzungsvergütungen, auch als Konzessionsabgaben (Durchleitungsgebühr, Akzeptanzbeitrag, Beteiligung an der Wertschöpfungskette) bezeichnet, gewährt werden, die durch die Abkürzung ansonsten langwieriger und unübersichtlicher Verhandlungen in Gestalt eingesparter Netzstabilisierungskosten mehr als gegenfinanziert werden könnten. Letztere werden als sog. Redispatchkosten ab 2023 bundesweit mit jährlich rund 4 Mrd. € angenommen. Das wären über 10 Mio.€ Tag für Tag. Geht man davon aus, dass mit den neuen Leitungen ein Großteil davon eingespart werden kann, würde das die Stromkosten in Deutschland erheblich entlasten. Jeder Tag, den die Leitungen früher ans Netz gehen, wäre also von Vorteil für die Stromkunden. Nur mit der Akzeptanz durch die Grundeigentümer lässt sich dieses erreichen (Konzessionsabgabe auch für Privatbesitz).

Das gilt im Großen für die Nord-Süd Trassen, Suedlink oder Suedostlink, aber m.E. auch für jedes andere Stromkabel.

Es kann nicht sein, dass die Energiewende einseitig zu Lasten der Grundeigentümer geschieht. Und auch mit den lächerlich geringen Ausgleichszahlungen für Stromkabel jeder Art muss Schluss sein! Und wenn der Grundeigentümer z.B. auch noch bis ans Ende aller Tage sog. Tiefwurzler über den Kabeln entfernen muss, macht ihn das zur billigen Arbeitskraft der Stromversorger; auch damit muss Schluss sein!

Bezeichnenderweise hat in meinem Fall die Westfalen Weser Netz GmbH sogar eine Schenkung eines 2m langen Seitenstreifens abgelehnt. Offenbar ist die bestehende Gesetzeslage und die Belastung des Grundeigentümers der Stromgesellschaft mehr wert, als die Flächen geschenkt zu bekommen.

Dass ich eine Dienstbarkeitseintragungsbewilligung mit den umfangreichen Auflagen der Westfalen Weser Netz GmbH niemals unterschreiben werde, scheint der Gesellschaft egal zu sein. Und die „Entschädigung“ hat die Firma niemals gezahlt, obwohl die mit Abschluss der Bauarbeiten fällig wurde.

Zur Zeit läuft meine Verbraucherbeschwerde nach § 111a EnWG

Es steht zu vermuten, dass sehr viele Grundeigentümer dieselben Erfahrungen machen aber nicht gegen „die da oben“ aufbegehren. Das ist für die Stromversorger sehr profitabel.

Die Politik ist hier gefordert, die Gesetzeslage anzupassen.